Am Gedenkstein auf dem Engerhafer Friedhof endete am Sonnabend die Gedenkfeier für die umgekommenen und die überlebenden Opfer des KZ-Außenlagers mitten in Ostfriesland. Mehr als 30 Angehörige waren zu der Veranstaltung gekommen. Jugendliche stellten symbolisch für jede Opfernation eine Kerze auf. Fotos: Böhmer
Zahlreiche Gäste hatten sich im Gulfhof Engerhafe eingefunden, um der 188 Todesopfer zu gedenken. Aufgrund neuer Forschungen des Gedenkvereins muss die Zahl der Opfer des Lagers noch erhöht werden. Denn mehrere Gefangene starben auf dem Rücktransport oder in der Folgezeit im KZ Neuengamme an Entkräftung, die durch den Bau des Panzergrabens rund um Aurich, Mangelernährung und Folter in Engerhafe ausgelöst worden war.
Dr. Detlef Garbe, der Leiter der Gedenkstatte Neuengamme, lobte den Gedenkverein für sein Engagement. Er schilderte aber auch die Brutalität des Lageralltags, der allein darauf ausgerichtet war, Menschen durch Zwangsarbeit zugrunde zu richten.
Alwin de Buhr hat lange Listen mit Häftlingsnummern und Namen abgeglichen, um herauszufinden, wer die Überlebenden von Engerhafe sind beziehungsweise waren. Er konnte zwei immer noch nach ihren Angehörigen suchenden Familien bereits mitteilten, dass ihre Väter auf dem Rücktransport beziehungsweise an den letzten Kriegstagen starben.
Dr. Albert Oosthoek vom Niederländischen Roten Kreuz, half de Buhr bei seinen Recherchen. Oosthoek stellte in Engerhafe die Biografie von Hans van Ketwich Verschuur vor, der im niederländischen Widerstand aktiv war. Er überlebte mehrere Jahre in Lagern, auch die zwei Monate in Engerhafe. Nach dem Krieg arbeitete er für das Rote Kreuz.
Zwei Porträts von Hans van Ketwich Verschuur, die Mithäftlinge gezeichnet haben, sind erhalten geblieben. Van Ketwich Verschuur starb im Alter von 90 Jahren. Dass seine erste Ehe wenige Jahre nach dem Krieg scheiterte, führen seine Kinder auf seine Kriegserfahrungen zurück.
Geuzen, so nannte sich der niederländische Widerstand. Geuzenlieder, die unvertont erhalten geblieben sind, trugen Jan Holthuis (stehend) und einige Freunde in der Engerhafer Kirche vor.
Jugendliche lasen alle 188 Namen der Verstorbenen vor und entzündeten Kerzen.
Pastor Claus Dreier bezog sich in seiner Ansprache auch auf die Gegenwart. "Unter Nazis haben Werte keinen Wert. Früher nicht, und heute nicht", sagte er. Er gedachte der Überlebenden, die ihre Angst nie verloren hätten, ebenso wie der Anwohner, die mit den Bildern und den Schreien im Ohr weiterleben mussten. "Wir erinnern daran, wohin es führen kann, wenn es mit dem Staat politisch in die falsche Richtung geht", so Dreier, "aber wir müssen uns heute als solche erweisen, die aufstehen gegen Lügen und Menschenverachtung."
Mit den Kerzen ging es dann zum Gedenkstein auf dem Friedhof.
Am Sonntag folgte der Marsch vom früheren Auricher Bahnhof, wo die Häftlinge morgens ankamen, bis zum Panzergrabenmahnmal im Sandhorster Wald. Im Norden Aurichs legten sie den sogenannten Friesenwall gegen eine von den Nationalsozialisten befürchtete alliierte Invasion an der ostfriesischen Küste an. Täglich marschierten sie dabei durch Aurichs Straßen zu ihren Einsatzorten.