Leer

Von Klangkörpern und Hammerköpfen

| 17.12.2018 07:01 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Klavierbauermeister Tamme Bockelmann gründete vor 20 Jahren sein eigenes Geschäft in Leer. In den ON berichtet er von seinem Traditionshandwerk.

Leer. In den Radios laufen wieder Weihnachtslieder. Ohne das Handwerk würden diesen aber die Instrumente fehlen. Eines von ihnen ist das Klavier. Tamme Bockelmann, arbeitet seit 30 Jahren mit ihnen. Vor 20 Jahren gründete der Klavierbauermeister sein eigenes Geschäft in Leer. Von dort aus begleitet er Pianisten auf ihrem musikalischen Weg.

Sein Beruf ist selten. In Ostfriesland gibt es nur drei Vertreter dieses Gewerkes. „Es lohnt sich für den einzelnen Unternehmer nicht mehr, die Tasteninstrumente neu zu bauen“, so Bockelmann. Sein Geschäft bestehe darin, mit Pianos zu handeln, sie für Kunden zu stimmen und Reparaturen vorzunehmen. „Die besten Klaviere kommen aus dem deutschsprachigen Raum“, sagt der Meister. Das liege vor allem an der hohen Ausbildungsqualität in Deutschland. Die Lehrlinge lernen dreieinhalb Jahre lang, klangvolle Instrumente zu bauen und diese zu stimmen. Der Ausbildungsberuf hat eine jahrhundertealte Tradition. Er ist nicht zu verwechseln mit dem handwerksähnlichen Gewerbe der Klavierstimmer. „Nur der Klavierbauer versteht das gesamte Piano inklusive seiner Mechanik. Ein Stimmer kann die Kunden nicht so umfassend beraten wie ein ausgebildeter Handwerker“, verdeutlicht der Meister.

Auch als Konzertbetreuer unterwegs

Auf das Wissen eines Fachmanns greifen auch Berufs-Pianisten gern zurück. Nicht selten wird Bockelmann für eine Konzertbetreuung gebucht. „Bei Musikevents geht es vor allem darum, das Klavier zu stimmen und während der Live-Unterhaltung anwesend zu sein, falls spontan noch etwas nachjustiert werden muss“, sagt der Leeraner. Sein Können wird beispielsweise bei den Gezeiten-Konzerten in Anspruch genommen.

Es gibt typische Verschleißerscheinungen, die Bockelmann regelmäßig behebt: Die Filzschicht auf den sogenannten Hammerköpfen, die die Klaviersaiten anschlagen, bekommt mit der Zeit Rillen. Da helfe oft nur, einen neuen Filz anzubringen, so der Experte. Ist er hingegen nur mit der Zeit hart geworden, lockere man ihn mit Nadeln auf. Diese Arbeit mit den Hammerköpfen nennt man auch Intonation. Sie beeinflusst den Klang. Je weicher und glatter der Filz, desto sanfter die Töne.

Ein Tipp für potenzielle Käufer

Kein Piano sei wie das nächste, so der Fachmann. „Jedes Instrument spielt sich anders und hört sich anders an“, erklärt der Handwerksmeister. Die Klangqualität hänge dabei von Faktoren wie verbautem Material, Luftfeuchtigkeit und Größe des Klangkörpers ab. Auf diesen werden die Schwingungen der Saiten mittels eines Stegs übertragen. Man könne sich seine Wirkung wie die einer Lautsprechermembran vorstellen, so Bockelmann. Diese könne bei Flügeln insgesamt größer werden als bei Klavieren. Das liege an der Bauweise. Flügel würden in die Länge gebaut und könnten bis zu 2,80 Meter erreichen. Klaviere hingegen ragten in die Höhe und das nur bis maximal 1,35 Meter.

Neben objektiven Qualitätsmerkmalen spiele beim Kauf immer auch der eigene Geschmack eine Rolle, sagt Bockelmann. Alle hätten ihren eigenen Charakter so wie ihr Pianist. Deswegen brauchten selbst Profis Zeit, sich an ein neues Instrument zu gewöhnen. „Man muss bei jedem Klavier erst herausfinden, was seine Stärken und seine Schwächen sind“, erklärt der Fachmann. Bisher habe er aber immer das richtige Produkt für jeden Kunden gefunden. Dabei habe der Geldbeutel nur eine nebengeordnete Rolle gespielt. „Es gibt für jedes Budget die richtige Lösung“, versichert Bockelmann.

Nur eines legt der Ostfriese potenziellen Käufern ans Herz: „Man sollte die Klangqualität eines echten Klaviers mit Klangkörper den künstlichen Klängen eines E-Pianos vorziehen.“ Schließlich könnte die Programmierung eines digitalen Gerätes immer nur die Töne nachahmen, die ein Traditionsinstrument erschafft, das ein fachkundiger Handwerker gebaut hat.

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