Laufsport

Auricher Ultraläufer erhält Ritterschlag

| 10.10.2019 16:58 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Thomas Brem ist von Rothenburg aus 100 Kilometer nach Wertheim gelaufen und vor Einbruch der Nacht angekommen. Dort wurde er zum Ritter geschlagen. Kurz hatte er auch mal ans Aussteigen gedacht.

Wertheim. Thomas Brem erfüllte eine Mission. Er ist zusammen mit 180 weiteren Ultraläufern bei Tagesanbruch in der Burg Rothenburg gestartet und vor Einbruch der Nacht im 100 Kilometer entfernten Wertheim angekommen. Dort wurde der Auricher zum Ritter geschlagen. Um 5.15 Uhr liefen die Athleten durch die Altstadt von Rothenburg durch ein Spalier von Fackeln in Richtung Start. Im Burggarten beauftragte ein Ritter zu Pferd die Sportler, eine Botschaft nach Wertheim zu übermitteln. Punkt sechs Uhr fiel der Startschuss in Form eines großen Feuerwerks. Die komplette Laufstrecke verlief am Taubertalradweg.

Die ersten vier Stunden regnete es wie aus Eimern. Die Temperaturen: einstellig. Brem mag die niedrigen Temperaturen nicht. Mit dicker Jacke, Handschuhen, Mütze und Stirnlampe machte er sich auf ins Abenteuer. Schon nach wenigen Kilometern war er durchnässt. Gut, dass er im Vorfeld zwei Bekleidungsbeutel abgegeben hatte. Die waren bei Kilometer 17 und 71 hinterlegt. Der Auricher nahm gleich die erste Möglichkeit wahr und zog sich um. Zu groß die Gefahr, sich mit nassen Schuhen großflächige Blasen zu laufen. Vor allem trockene Schuhe und Socken waren eine Wohltat. An die Möglichkeit, bei Kilometer 50 oder 71 aus dem Lauf auszusteigen und in eine andere Wertung zu rutschen, verschwendete Brem zu Beginn keinen Gedanken.

Bei Kilometer 65 kamen Zweifel

Als die Sonne sich langsam durchsetzte, fand er sein Lauftempo. Alle fünf Kilometer gab es einen Getränkestand. Und an insgesamt zehn Verpflegungsständen konnten sich die Läufer mit Suppe, Obst und sogar Kartoffelbrei stärken. Nach knapp fünf Stunden erreichte der ostfriesische Ausnahmeläufer bereits die 50-Kilometer-Marke. Auch die nächsten zehn Kilometer liefen für ihn wie am Schnürchen. Selbst der kalte Gegenwind aus Nord machte ihm nichts. Kurz danach wurde sein Tempo aber immer langsamer. Ab Kilometer 65 zweifelte er dann an sich. Brem wechselte vom Laufen ins Gehen. Die Verlockung, bei Kilometer 71 auszusteigen, war groß: „Ich war zu diesem Zeitpunkt mehr damit beschäftigt, den Lauf im Kopf zu beenden als wirklich zu laufen. Ich war hin- und hergerissen, einfach aufzuhören.“ Mental sei es sehr hart gewesen, sich noch einmal aufzuraffen.“

Angekommen an der Verpflegungsstation, wechselte er erneut die Laufbekleidung, verpflegte sich ausgiebig – und lief weiter. „Ich war ja gestartet, um 100 Kilometer zu laufen. Also habe ich mir selbst in den Hintern getreten“, so Brem. Kurz danach sei er von einer netten Läuferin überholt worden, die ähnliche Gedanken hatte. „Da haben wir beschlossen, das Ding gemeinsam durchzuziehen“, so Brem.

Allein der Kopf entscheidet

Selbst die vielen Steigungen auf den letzten zwölf Kilometern konnten das Duo nicht mehr stoppen. Nach 11.30 Stunden erreichte Brem das Ziel in Wertheim. Dort wurde er dann zum Ritter geschlagen. Dafür musste er sich hinknien – nach den Laufkilometern eine der größten Herausforderungen des Tages.

Entgegen der Tradition wurde zum Festmahl nicht nur der Sieger eingeladen, sondern alle Finisher versammelten sich am Abend in der Wertheimer Burg zu einem Essen. Dort hielt man sich dann wieder an die Tradition. Mit Holzlöffel, Holztrögen und gigantischen Messern füllten die Athleten ihre Energiespeicher auf.

„Jetzt weiß ich, wenn es einem gelingt, sich mit dem Kopf aus einem Tief zu befreien, wird man mit unglaublichen Glücksmomenten belohnt“, so das Fazit von Brem. Nicht die Anzahl der Kilometer entscheide, ob man einen Lauf schaffe, sondern allein der Kopf.

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