Frankfurt/Main (dpa)

Flick und Müller: Zeit für große DFB-Comebacks

Klaus Bergmann, dpa
|
Von Klaus Bergmann, dpa
| 11.05.2021 13:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Artikel hören:
Artikel teilen:

Joachim Löw berät in Berlin mit seinem engsten Stab. Am 19. Mai beendet er das Rätselraten um Müller, Hummels und Co. DFB-Direktor Bierhoff intensiviert das Werben um Flick. Die Bundestrainerfrage soll vorm EM-Anpfiff geregelt sein.

Beim Fußball-Nationalteam bahnen sich namhafte Comebacks an.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff will die „guten Gespräche“ mit dem Wunschkandidaten Hansi Flick nach dem Meisterschaftsgewinn des FC Bayern zügig „intensivieren“ und die Nachfolge für den im Sommer scheidenden Bundestrainer Joachim Löw noch vor dem EM-Anpfiff am 11. Juni finalisieren. „Heute kann man noch nichts bekanntgeben“, sagte der 53-jährige Bierhoff bei einem DFB-Medienworkshop zum EM-Turnier, als er aus Berlin zugeschaltet wurde.

Bierhoff gab sich „zuversichtlich“ beim Werben um Flick, der das Nationalteam zunächst zur WM 2022 in Katar führen und auch bei der Heim-EM 2024 betreuen soll. „Ich weiß auch, welche Bedeutung der DFB und die Nationalmannschaft vorneweg für ihn hat. Da schauen wir mal, wie seine Gedankengänge in den nächsten Tagen sind“, schilderte Bierhoff, der beim Trainer-Thema recht entspannt wirkte.

Für Flicks aktuellen Bayern-Leitwolf Thomas Müller scheint derweil der EM-Wunsch Wirklichkeit zu werden. „Ich habe Lust, im Sommer nach Titeln zu jagen“, hatte der Weltmeister von 2014 auch mit dem Blick auf ein DFB-Comeback bei der EURO im Sommer gesagt. Zwei Jahre nach der gemeinsamen Ausmusterung mit Mats Hummels (32) und Jérôme Boateng (32) aus der Nationalmannschaft scheint Löw für sein Abschiedsturnier als Bundestrainer bei dem Bayern-Angreifer inzwischen wirklich zur Rolle rückwärts bereit zu sein. Der 31-jährige Müller könnte der DFB-Elf das geben, was sie braucht: Tatkraft und Führungsstärke.

Laut „Bild“ soll Löw schon mit Müller telefoniert haben. „Er soll ihm signalisiert haben, dass er ihn zurückholen will“, schrieb die Zeitung. Eine Bestätigung für diese Konjunktivsätze gab es zunächst nicht, weder vom 61-jährigen Löw noch von Müller. Und auch nicht von Bierhoff. „Es ist nicht richtig, da Zwischenstände zu geben“, sagte der Nationalmannschafts-Direktor. Es sei „Sache des Bundestrainers, was die Nominierung und Personalgespräche angeht“.

Man habe das ganze Jahr die Personalien Müller, Hummels, Boateng diskutiert, meinte Bierhoff: „Da schaffen wir auch noch ein paar Tage und halten die Diskussion aus. Und dann ist es gut, wenn Jogi das gebündelt vortragen kann.“ Das wird am 19. Mai der Fall sein. An diesem Tag wird Löw seinen EM-Kader benennen. Aktuell befindet er sich mit seinem Trainerstab und Bierhoff in Berlin in Klausur. Dort werden neben dem Spielerkader auch die EM-Abläufe fixiert.

Da sich der DFB-Tross mit Spielern, Trainern und Betreuern nun für die komplette Zeit bis zum Turnierende in eine Corona-Blase begeben wird, verschiebt Löw den Start der EM-Vorbereitung auf den 28. Mai. Erst dann beginnt das Trainingslager in Tirol mit einem Testspiel gegen Dänemark am 2. Juni in Innsbruck. Nach der EM-Generalprobe am 7. Juni in Düsseldorf gegen Lettland wird nun schon am Tag danach das EM-Quartier in Herzogenaurach bezogen. DFB-Partner Adidas hat auf seinem riesigen Areal extra ein kleines Dorf errichtet. Im „Home Ground“ soll - so wie im legendären Campo Bahia beim WM-Titelgewinn 2014 in Brasilien - „der Spirit für das Turnier aufgebaut werden“, wie Bierhoff sagte: „Die Energie muss aus der Mannschaft kommen.“

Die Möglichkeit, dass neben Löw auch Müller dort eine der mit viel Holz gestalteten Wohneinheiten beziehen wird, ist hoch. Löw umschiffte zuletzt zwar stets eine klare Aussage zu Müller und auch dem Dortmunder Hummels, der ebenfalls ein Comeback-Kandidat für die EM ist. „Ich wehre mich nicht, falls ich gefragt werde, nochmals zu helfen“, sagte Hummels bei Sky. Er wisse nicht, ob ihn Löw ruft.

Er sei nicht „stur“, hatte dieser betont. Einen Umbruch könne man auch mal unterbrechen. „Manche Dinge habe ich schon im Kopf“, sagte Löw zuletzt in Bezug auf Müller/Hummels. Löws Kernaussage lautete stets: „Was ist das Beste für diese Mannschaft, um erfolgreich zu sein?“

Unter Flicks Anleitung ist Müller in München wieder zu dem Spieler geworden, der ein Team mitreißen und zu großen Erfolgen führen kann. Der Angreifer würde den starken Bayern-Block erweitern, der auch das Teamgerüst beim EM-Turnier bilden soll. Sein 100. und bislang letztes Länderspiel bestritt Müller ebenso wie Hummels (70 Einsätze) beim 2:2 gegen die Niederlande am 19. November 2018 in Gelsenkirchen.

Müller könnte sich in der Gruppenphase gegen Frankreich, Portugal und Ungarn sogar auf Heimspiele freuen. Womöglich sogar vor Fans: Wegen sinkender Corona-Zahlen äußerte Münchens DFB-Cheforganisator Philipp Lahm am Dienstag die Hoffnung, dass in der Allianz Arena vor 14.500 Zuschauern gespielt werden könnte. Das sei das „favorisierte Szenario“ der örtlichen Organisatoren, sagte der 37-Jährige.

Die Zukunft nach der EM und Löw soll dann längst geklärt sein. „Jeder kennt die Einstellung des DFB zu Hansi Flick. Jeder kennt meine persönliche Einstellung zu ihm. Wir haben ein unglaublich gutes, enges und sehr vertrauensvolles Verhältnis. Natürlich sprechen wir, und die Gespräche sind auch ganz gut“, berichtete Bierhoff: „Es ist aber auch kein Geheimnis, dass Hansi ein hohes Interesse bei anderen Vereinen und teilweise auch Verbänden weckt.“ Bierhoff will darum zügig handeln: „Ich würde mir wünschen, dass wir das Ganze mit der Personalie des Bundestrainers vor der EM geschafft haben.“

© dpa-infocom, dpa:210511-99-554458/5

Ähnliche Artikel