Glockenjubiläum in Victorbur Seit 50 Jahren in fis und dis

| | 17.08.2023 19:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Drei Glocken gehören zum Victorburer Geläut. Die fast 600 Jahre alte Victor-Glocke wird von den beiden nun 50 Jahre alten Glocken eingerahmt. Foto: Holger Janssen
Drei Glocken gehören zum Victorburer Geläut. Die fast 600 Jahre alte Victor-Glocke wird von den beiden nun 50 Jahre alten Glocken eingerahmt. Foto: Holger Janssen
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Seit 50 Jahren gibt es die Norderglocke und die Süderglocke in Victorbur. Wie das Jubiläum gefeiert wird und warum die beiden im Vergleich zur dritten Glocke sehr jung sind.

Victorbur - Zwei besondere Jubilarinnen stehen am Sonntag in der Kirchengemeinde Victorbur an. Zwei der drei Glocken im Glockenstuhl existieren seit 50 Jahren. Gefeiert wird dies mit einem Sommerfest der Gemeinde, bei dem Pastorin Andrea-Düring Hoogstraat ebenfalls etwas zu feiern hat.

„Die Glocken „Matthäus“ (im Volksmund auch Norderglocke) und „Jeremia“ (Süderglocke) laden mit ihrem Klang selbst zu ihrem Geburtstag ein“, schreibt Pastor Jürgen Hoogstraat. Und zwar am Sonntag um 15 Uhr. Mit dabei sein werden Posaunen- und Kirchenchor. Im Anschluss wird zu einem gemütlichen Beisammen im neuen Gemeindehaus und auf den neu angelegten Terrassen bei Tee und Kuchen, Bratwurst, Brause und Bier eingeladen. Außerdem gibt es einen eigens kreierten alkoholfreien Cocktail für alle, den Pastorin Düring-Hoogstraat aus Anlass ihres 30-jährigen Dienstjubiläums in der Gemeinde spendiert.

Alte Glocken sollten zu Kriegsgerät werden

Die beiden 1973 in Heidelberg gegossenen Glocken rahmen im Victorburer Turm die historische St.-Victor-Glocke ein, die als einzige vom ursprünglichen Geläut in Victorbur übrig blieb. Die ersten Überlegungen zur Anschaffung neuer Glocken gehen zurück in den Beginn der 1970er Jahre. Seit dem Mittelalter hatte es in Victorbur immer drei Glocken gegeben, jedoch wurden zwei davon im Ersten Weltkrieg wie in vielen anderen Gemeinden, für Kriegszwecke eingezogen. Die Gemeinde konnte somit von 1915 bis 1950 nur eine Glocke läuten. An eine Neuanschaffung war wegen der hohen Kosten nicht zu denken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 1950 dann in Bochum zwei Stahlglocken als Ersatz in Auftrag gegeben, an deren ungewöhnlichen Klang sich ältere Gemeindeglieder noch erinnern, so Hoogstraat. Sie wurden unter großen Anstrengungen durch Spenden aus der Gemeinde finanziert. Diese Glocken mussten 1972 stillgelegt werden, sie waren den ständigen Einsätzen in der großen Gemeinde nicht gewachsen gewesen. Die früheren Stahlglocken, die der Mahnung zum Frieden gewidmet waren, stehen heute vor den Gedenktafeln zur Erinnerung an die Weltkriegsopfer.

Der Kirchenvorstand plante damals, in einer Haussammlung alle Gemeindeglieder um eine Spende zur Anschaffung neuer Bronzeglocken zu bitten. Die Gesamtkosten des Projekts betrugen 27.000 Mark, davon musste die Kirchengemeinde selbst 20.000 Mark aufbringen. Ein Team von Sammlern machte sich im April 1973 auf den Weg durch die Gemeinde und bereits nach vier Wochen hatten sie das Geld beisammen. Ein Zeichen für die große Verbundenheit der Victorburer zu ihrer Kirchengemeinde. Und dazu gibt es noch ein weiteres Zeichen: Weil die Anreise zum Glockenguss in Heidelberg für die Victorburer vor 50 Jahren zu weit war, sprangen zur Vertretung die in der Nähe lebenden Kinder und Enkelkinder des früheren Victorburer Pastoren Hermannus Siefkes als „Victorburer Abordnung“ ein. Ihr Vater und Großvater hatte die Vorgängerinnen der neuen Glocken in seiner Dienstzeit 1917 traurig verabschieden müssen und so wollten seine Nachfahren beim Glockenguss gerne ihre Verbundenheit mit dem Großvater, aber auch der St.-Victor-Gemeinde bekunden.

Nachfahren eines früheren Pastors erwartet

Zur großen Freude des heutigen Victorburer Kirchenvorstandes wird am Sonntag wieder eine Abordnung der in ganz Deutschland verteilt lebenden Familie Siefkes beim Glockengeburtstag dabei sein und so die Verbundenheit zur Heimatgemeinde wieder aufleben lassen.

Wenn die Glocken in Victorbur zum Gottesdienst, zu Trauungen, oder zu Beerdigungen rufen, wird nichts dem Zufall überlassen, wie Jürgen Hoogstraat berichtet. Beim Läuten mehrerer Glocken beginnt man mit der kleinsten. Erst wenn diese Glocke regelmäßig ausschwingt, stimmt die zweite ein, dann folgt die dritte. Beendet wird das Geläut in umgekehrter Reihenfolge. Die kleinste verstummt zuerst, die größte beteiligte läutet am längsten. Außerdem lässt sich der Anlass des Geläuts an den eingesetzten Glocken heraushören.

So läuten beispielsweise bei Trauungen die Glocken zwei und drei, bei Einsargungen und Beerdigungen die Glocken eins und zwei und an Karfreitag und Buß- und Bettag nur die fast 600 Jahre alte Glocke 1. Alle drei Glocken kommen zu Gottesdiensten sowie in der Christnacht und der Neujahrsnacht zum Einsatz. Zum Gottesdienst anlässlich des Glockenjubiläums werden somit alle drei Glocken zu hören sein.

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