Vollversammlung in Leer Ostfriesischer IHK-Präsident kritisiert „bewusste Deindustrialisierung“

| 25.09.2023 16:12 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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IHK-Präsident Dr. Bernhard Brons (links) und Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard (rechts) überreichen der CDU-Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann die neu erschienene Wirtschaftsmonografie „Ostfriesland und Papenburg“.Foto: privat
IHK-Präsident Dr. Bernhard Brons (links) und Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard (rechts) überreichen der CDU-Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann die neu erschienene Wirtschaftsmonografie „Ostfriesland und Papenburg“.Foto: privat
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Kein gutes Haar lässt Dr. Bernhard Brons an der Politik der Berliner Ampel-Regierung. Der Emder Reeder fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.

Emden/Leer - Eine „scheinbar bewusst vorangetriebene Deindustrialisierung“ wirft der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Ostfriesland, Dr. Bernhard Brons (AG Ems, Emden), der Ampel-Bundesregierung vor. Er fürchte, dass die deutsche Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüße, sagte Brons bei einer Vollversammlung der IHK im Maritimen Kompetenzzentrum (Mariko) in Leer. Die unsicheren Rahmenbedingungen, die die Bundesregierung vorgebe, seien ein Hemmschuh.

Blick auf den Nordkai des Emder Hafens, wo Windrad-Bauteile umgeschlagen werden. Im Hintergrund die Nordseewerke.Foto: Aiko Recke
Blick auf den Nordkai des Emder Hafens, wo Windrad-Bauteile umgeschlagen werden. Im Hintergrund die Nordseewerke.Foto: Aiko Recke

Es gebe „nicht nur ein konjunkturelles, sondern auch ein strukturelles Problem“. Dazu komme der Fachkräftemangel und eine „künstliche Verteuerung unserer Produktionsabläufe“, so Brons. Es gebe bereits „deutliche Wertschöpfungsverluste“. Brons: „Es braucht jetzt eine mutige Zeit des Wandels, um Wachstum und Wertschöpfung zu schaffen. Nur so können wir den Herausforderungen der Transformation zur Klimaneutralität sowie den vielfältigen sozialen und bildungspolitischen Zielsetzungen nachkommen.“

Brons fürchtet Domino-Effekt

Besondere Sorge bereitet Brons die Energiepolitik. Die Wirtschaft sei „stark verunsichert.“ Dringend notwendige Investitionen würden zurückgestellt oder ins Ausland verlegt. „Diese Entwicklung ist gefährlich und kann einen Domino-Effekt auslösen“, so Brons. Durch die Abwanderung gehe Wertschöpfung verloren, die dringend gebraucht werde, um die Energiewende zu bezahlen.

Auch der Fachkräftemangel gehöre weiter zu den beherrschenden Herausforderungen. Zwar gebe es zum Stichtag 31. August mehr Ausbildungsverhältnisse als im Vorjahr. Doch das leichte Plus dürfe nicht über die nach wie vor angespannte Lage hinwegtäuschen, so Brons. Das Problem sind laut IHK-Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard „vor allem die passenden Bewerber“. Die IHK will mit der neuen Initiative „Passgenaue Besetzung“ gegensteuern. Außerdem gibt es am 11. Oktober in der Emder Nordseehalle eine große Ausbildungsmesse mit 110 Ausstellern.

Ausblick für Tourismus eher positiv

In der Tourismusbranche sei die Auslastung zwar geringer als in den Rekordsommern zuvor gewesen. „Zum einen reisen viele nach Ende aller Corona-Einschränkungen wieder vermehrt ins Ausland. Außerdem ließ das Wetter in diesem Jahr zu wünschen übrig“, Brons. Grundsätzlich blickt der Emder Fährreeder aber positiv in die Zukunft der Branche. „Langfristig stehen wir als attraktive Reiseregion da.“ Kritisch bemerkte er das zurückhaltende Konsumverhalten der Touristen vor Ort.

Neben gestiegenen Energie-, Rohstoff- und Personalkosten bereitet der Gastronomie und Hotellerie die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen Sorgen. „Um Angebote für das nächste Jahr verlässlich zu kalkulieren, ist eine rasche Entscheidung der Politik notwendig“, so Brons.

Hoffen auf Bau der Ledabrücke ab 2024

In Sachen Verkehrsinfrastruktur hofft die IHK auf den Baubeginn der Ledabrücke 2024 und des Großschiffsliegeplatzes im Emder Außenhafen 2025.

Gastrednerin bei der IHK-Vollversammlung war die CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Mittelstandsunion Gitta Connemann (Hesel). In einer intensiven Diskussion berichteten die Wirtschaftsvertreter von den für sie ungelösten Herausforderungen wie Fachkräftesicherung und Zuwanderung, sichere und bezahlbare Energieversorgung, steigende Steuern und Abgaben sowie Abbau unnötiger bürokratischer Hürden.

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